Vom Jeu de Paume zum Lawn Tennis
Ein Rückblick bis in die Antike
Die Antike
Schon die alten Griechen und Römer kannten Ballspiele. Das besondere, das Rückschlag-Ballspiel, ist jedoch nicht klar überliefert. Diesen Spielen wurde in den damaligen Badehäusern nachgegangen, sozusagen als Zeitvertreib. Auch die Bekleidung war recht einfach, man hatte einfach nichts an. Die bekannten Spiele hießen: follis, pila trigonalis, pila paganica und harpastum. Wahrscheinlich kommt auch das Wort racket von dem Lateinischen reticulum (rete = Netz). Allerdings gibt es auch im Arabischen eine mögliche Wortschöpfung für Racket (rahat = Handfläche).
Jeu de Paume
Die ersten Aufzeichnungen und Skizzen stammen aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts. Dort stehen 2 Spieler auf einer Seite und spielen gegen einen einzeln Gegner. Der kleine Lederball wird mit der Handfläche geschlagen. Das Feld ist in der Mitte mit einem Strich geteilt. Kirchendokumente zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert erwähnen lediglich Priester, Prediger, Mönche, Äbte und auch Bischöfe, die unter freiem Himmel, aber auch in der Halle longue paume oder courte paume betrieben. Dem Klerus war es verboten, mit dem Laien zu spielen. Auch das Spielen in Hemdsärmel oder gar ohne Hose war verboten.
Das jeu de paume blieb ein Spiel der höheren Klasse, den niedrigeren Ständen war es sogar ausdrücklich verboten. Der Höhepunkt des paume war im 16. Jahrhundert. Es war das Spiel der Könige, dem mancher mehr Zeit opferte als seiner eigentlichen Aufgabe (ähnliche Phänomene gibt es auch heute). Meister dieses Spieles waren berühmt in ganz Europa. Nur einheitliche Regeln gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, die aber zur Erklärung des Spieles wichtig waren. Die Hochburg des Paume war Frankreich.
Auch in England wurde paume gespielt. Es gibt verschiedene Ansichten darüber, wie paume nach England gekommen ist. Es können Diplomaten, Ritter oder Soldaten gewesen sein, allerdings ist zu vermuten, dass es ein ähnliches Spiel bereits gab. Das Wort Tennis wird erstmals im 15. Jahrhundert erwähnt. Man schrieb allerdings teenetz, was vom lateinische Wort teneo (nehmen) abstammen könnte. Später entwickelt sich aus tennetz das Wort tenyse.
Dem Italiener Antonio Scanio blieb es vorbehalten, die nur mündlich übertragenen Regeln des paume niederzuschreiben. Er füllte direkt 315 Seiten über die Tenniswelt, ihre Regeln, den Stil und das Benehmen. Er beschrieb auch den Service: Der Servierer bekam den Ball von einem Mannschaftsmitglied zugeworfen, um ihn dann zum Gegner zu schlagen. Nach der alten Auffassung war es kein Vorteil, den ersten Ball zu spielen. Daraus ergibt sich konsequenterweise auch jene Regel des jeu de paume oder des royal tennis, in der ausdrücklich festgestellt wird, dass sich dieser Spieler in der Verteidigung befindet. Der eigentliche Angreifer, der Punktemacher, ist danach der, zu dem der Ball zuerst geschlagen wird.
Die Zählweise war gar nicht so viel anders, als sie in späteren Regeln festgelegt wurde; kompliziert wurde es lediglich bei den Punkten, die wiederholt werden mussten. Wenn der Spieler den Ball ins Netz schlug, oder über eine bestimmte Höhe der hinteren Wand, oder in eine Öffnung der Wand, wurde der Punkt nicht sofort vergeben. „Die Stelle, an der der Ball nach zweimaligem Aufprallen zur Ruhe kommt, gilt als Markierungspunkt. Es ist der Punkt, an dem der Ball erlegt oder gejagt wurde. Danach wechseln die Spieler die Seiten. Der Punkt geht zu der Mannschaft, bei der die nächste Marke näher an jener Marke des vorangegangenen Ballwechsels liegt.“
Das klingt ein wenig kompliziert, ist es aber gar nicht. Natürlich müssen die Markierungen innerhalb des Spielfeldes liegen. Jeder Punkt besaß damals den Wert von fünfzehn, der zweite von dreißig, der dritte wurde durch Sprachabschleifungen nicht fünfundvierzig, sondern vierzig. Wenn einer der beiden Spieler vierzig erreicht hat, benötigte er nur noch einen Punkt, um das Spiel zu gewinnen – beim Gleichstand waren es natürlich zwei. Man sprach von zwei beide, italienisch a due, französisch à deuce, englisch später deuce.
Vom Jeu de Paume zum Tennis
Mit der Renaissance begann der Abstieg des Jeu de Paume. Es galt als unschön sich keuchend und schwitzend in der Öffentlichkeit zu zeigen. So reduzierten sich zum Beispiel die Anzahl der Plätze in Paris von Mitte des 18. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts von 114 auf 10, und diese waren wohl in einem sehr schlechten Zustand. Zu diesem Zeitpunkt fand das Spiel in England immer mehr Anhänger, die dieses Spiel sogar so stark förderten, dass die Meister aus Frankreich und Italien in England neue Arbeitgeber fanden. 1816 organisierte man sogar eine Weltmeisterschaft, bei der der Sieger 300 Pfund Sterling erhielt.
Der Durchbruch gelang dem Tennis, als Major Walter Clapton Wingfield sich das Lawn Tennis patentieren ließ. Er war allerdings mehr auf finanzielle Gewinne aus. Er gab ein Buch heraus in dem die Spielweise und der Sinn des Spieles beschrieben wurden und bot direkt die zum Spiel benötigten Sachen bei sich zum Kauf an.
Doch der endgültige Durchbruch des Lawn Tennis kam erst mit dem direkten Vergleich der Sportarten. Gegen viele Kritiker und Spötter musste er sein Spiel verteidigen, die zu diesem Zeitpunkt sogar dabei waren, die komplizierten Regeln des Paume niederzuschreiben. Der Sekretär des mächtigen Marlyebone Cricket Club, R.H. Fitzgerald, machte ihm den Vorschlag, am 3. März 1875 die beiden Spiele nebeneinander zu testen. Ferner fragte dieser weiter, ob er das Recht erhalten könne, die Regeln des neuen Spieles niederzuschreiben.
Der Major überließ ihm freudig das Recht, da dieser Mann eine echte Kapazität war.
Des Majors Lawn Tennis gewann den Vergleich mit fliegenden Fahnen. Das Spielfeld behielt seine Sanduhr-Form, die man auch „Papillon“ nannte. Das Netz wurde drei Fuß breiter und in der Mitte acht Zoll niedriger. Seine Zählweise behielt man bei.
Trotzdem war der Major am Ende der große Verlierer, da er sich mit seiner auf Gewinn ausgerichteten Art viele Feinde gemacht hatte. Mit der Entwicklung eines Tennisballes der mit weißem Flanell überzogen und somit auch wesentlich elastischer war, begann die letzte Phase des Durchbruches. Nun war es endgültig möglich, konstante Ballwechsel aus dem damals einzigen Untergrund, dem Rasen, zu führen.
Ein letztes Mal wurden die Regeln geändert bzw. die Maße des Spielfeldes wurden neu abgegeben. Das Netz wurde niedriger gehängt, die Pfosten standen außerhalb des Feldes und der Platz wurde rechteckig. Diese neuen Regeln wurden gedruckt und binnen weniger Tage über 7000-mal verkauft.
Bereits am 9. Juli 1877 fand das erste Tennisturnier in Wimbledon statt. Das Endspiel fand am 19. Juli statt und wurde vom Racket-Spieler Spencer W. Gore gewonnen.