Zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren hat eine Jugendmannschaft des Viersener THC einen Meistertitel eingefahren. Fast auf den Tag genau zwei Jahre, nachdem die männliche U18 ungeschlagen Meister in der Verbandsliga in der Hallensaison 2019/20 wurden, machte es die weibliche U18 den Jungs nach. In einem spannenden Endspiel gegen den HTC Kupferdreh aus Essen war es Caro Riedel, die eine Minute vor Schluss den 4:3-Siegtreffer erzielte.
Geplant war eine Endrunde mit den jeweils besten Mannschaften aus den vier Bezirken des WHV, aber da der THC Münster als Vertreter Westfalens abgesagt hat, trafen sich nur der HTC Kupferdreh aus dem Ruhrbezirk und die SG Palotti Rheinbach aus dem Rheinbezirk bei dem Viersener THC ein. In einer einfachen Runde sollte nun die beste Mannschaft der diesjährigen Verbandsligasaison ermittelt werden. Für den VTHC vorteilhaft: die beiden Konkurrenten hatten das erste Spiel des Tages, sodass man ein Gegnerstudium betreiben konnte. Damit verbunden war aber, dass man zwei Spiele am Stück haben sollte.
Im ersten Spiel des Tages trafen also Kupferdreh und Rheinbach aufeinander. Das durchgehend offensiv geführte Spiel – Defensiventhusiast*innen kamen nicht auf ihre Kosten, ebenso wenig Fans eines gepflegten und ruhigen Spielaufbaus – spielte Kupferdreh seine technische und taktische Überlegenheit aus, führte zur Pause souverän mit 1:4 und gewann letzten Endes mit 2:6. Ein Sieg mit Statement, der in der Höhe absolut verdient war.
Nun stieg auch der Gastgeber in das Geschehen ein, der erste Gegner war Rheinbach. Viersen ließ sich nicht von der unkonventionellen Raumdeckung aus dem Konzept bringen, erarbeitete sich sehr schnell eine große Anzahl an Chancen, aber das Tor schien vermauert. Entweder waren die Schüsse zu unplatziert und kein Problem für die Torhüterin, oder sie gingen knapp am Tor vorbei. Als nach sechseinhalb Minuten Caro Riedel noch einen Siebenmeter an den linken Pfosten schoss, schienen die Köpfe schon nach unten zu gehen. Sollte wieder einmal – wie schon so oft in der Vergangenheit – das Glück nicht auf der Seite des VTHC sein? An diesem Tag war es aber anders: kurz danach erlöste Riedel ihre Farben mit dem 1:0, legte das 2:0 per Konter nach öffnendem Pass von Lisa Gartz nach und bereitete das 3:0 durch Michelle Tschöpe Sekunden vor der Pause nach schönem Konter über die rechte Seite vor.
3:0 zur Halbzeit für Viersen, gleichzeitig in der Abwehr sicher gestanden. Das Spiel lief nach Plan. Die zweite Hälfte begann, Viersen verwaltete das Spiel, spielte dennoch weiter offensiv. Marie Großkopf im Viersener Tor war nahezu beschäftigungslos, die Abwehr stand sicher. Riedel schnürte gegen Mitte der Hälfte nach wunderschönem Pass von Malin Albers aus dem eigenen Aufbau heraus ihren Dreierpack, spätestens jetzt war die Messe gelesen.
Falls man noch eine Aufgabe hatte, dann war es das fünfte Tor. Denn auch Kupferdreh hatte mit vier Toren Abstand gegen Rheinbach gewonnen, aber mehr geschossen. Dadurch würde denen ein Remis im abschließenden Spiel reichen, während bei einem fünften Tor für den VTHC diese unbedingt einen Sieg benötigt hätten. Doch das verflixte Tor 5 wollte nicht fallen, mit 4:0 für den VTHC endete das Spiel.
Auftakt gewonnen, Silber sicher. Doch das Ziel war nicht Silber, sondern Gold. Es zählte nur Gold. Nach Jahren der Enttäuschung für diese Mannschaft war man nun so nah dran und wollte sich belohnen. Doch, man benötigte einen Sieg. Also noch einmal Kräfte sammeln, durchatmen, konzentrieren für die letzten 30 Minuten der Saison und den Pokal einfahren. Fokus an für das Endspiel.
Das Spiel begann ausgeglichen, beide Mannschaften hatten erste Chancen zu Beginn. Viersen baute ruhiger auf als Kupferdreh, suchte viel Riedel, während die Essenerinnen viel über ihre rechte Seite kreieren wollten und Überzahlsituationen im Tempo fokussierten. Eine erste Strafecke für Essen wehrte Großkopf aber souverän ab. Auf der Gegenseite funktionierte die erste Strafecke, per Variante landete der Ball bei Mali Nilles, die aus kurzer Distanz zum viel umjubelten 1:0 traf. Doch die Führung hielt nicht einmal sechzig Sekunden, Essen kam über rechts und die Hundekurve in den Kreis und trotz 5:3-Überzahl des VTHC rutschte der Ball auf den langen Pfosten durch, Ausgleich. Bittere Pille für den VTHC. Man ließ sich nicht die Köpfe hängen, spielte weiter mit und erspielte sich seine Chancen. Gerade mit Tempo über die rechte Seite kam man immer wieder gut in den Kreis, aber dort fehlte das Glück.
So war es Kupferdreh, die in der Schlussminute der ersten Hälfte noch einmal vor das Tor des VTHC kamen, Großkopf ausspielten und den Ball mit viel Dusel zum 1:2 unterbrachten. Ein Tiefschlag? Mitnichten, noch war die Hälfte nicht um. Noch einmal brachte Nilles den Ball über rechts nach vorne, fand Riedel in der Mitte, die direkt abzog und per Beinschuss erneut ausgleichen konnte. Halbzeit, 2:2, durchatmen unten auf dem Platz und oben auf der Tribüne. Ein Krimi bahnte sich an.
Und der Krimi sollte kommen. Viersen brauchte den Sieg, Kupferdreh würde ein Remis genügen. Viersen hatte die breitere Bank, daher wohl die leichten Vorteile bei Ihnen. Und in den ersten Minuten schien sich das zu bestätigen, man kam wieder und wieder gefährlich in die gefährlichen Zonen, aber Chancen kreieren konnte man sich selten. Dann war es wie schon vor dem 2:2 war es ein Lauf von Leonie Oehmen über rechts, die Riedel in der Mitte fand, 3:2 für Viersen. Und nicht wie in der ersten Hälfte kassierte man schnell den Ausgleich, sondern hielt dem Ansturm der Essenerinnen stand. Die Zeit lief runter, doch nach individuellem Fehler im Aufbau konterte Kupferdreh, umkurvte Großkopf links und glich aus. Der Schock saß tief, die Kraft ließ sichtbar nach. Immer mehr Angriffe rollten auf das Tor des VTHC, Großkopf verkürzte mehrfach geschickt den Winkel und einmal hatte man riesiges Glück, als ein Querpass vor dem leeren Tor nicht erreicht wurde.
Gleichzeitig gelang offensiv immer weniger, gerade das so gefährliche Spiel über die rechte Seite wurde immer wieder gut zugestellt und vereitelt. Die Zeit lief herunter, jede Sekunde war kostbar, brauchte man das vierte Tor doch dringender als Kupferdreh. Doch man hatte noch Riedel, die eine Minute vor Schluss auf links an der Bande den Ball bekam, das Doppelteam sprengte, in die Mitte zog und den Ball gegen die Laufrichtung der Keeperin legte. Tor, 4:3 für Viersen. Die Halle explodierte, doch noch war noch Zeit auf der Uhr. Noch konnte Essen sich etwas kreieren. Wenn nicht schon alle, die es mit Viersen hielten, bis in die Haarspitzen angespannt waren, dann in diesen letzten 60 Sekunden. Ein Angriff von Essen landete im Aus. 40 Sekunden, Abschlag Viersen. 30 Sekunden. Ballverlust im Mittelfeld, ein letzter Angriff, ein letzter Versuch von Essen. Der Ball kommt in den Kreis, es ist leerer Raum um den Siebenmeterpunkt, doch Oehmen ist da, sichert die Kugel, führt den Ball nach außen und Abpfiff. Viersen ist Meister.
In der Folge brechen alle Bände auf der einen Seite, auf der anderen Seite niedergeschlagene Mädels von Kupferdreh. Es sollte einfach nicht sein. Dennoch ein großes Chapeau an Kupferdreh für den spannenden und intensiven Fight auf Augenhöhe. Eure Chance wird kommen!
Der Tag gehörte jedoch heute dem VTHC, der sich nach jahrelangem Frust, nach jahrelangen Niederlagen in den KO-Spielen endlich krönte. Für manche zum zweiten Mal, für manche zum ersten Mal. Aber für alle: ein unvergesslicher Tag.
Fotos 1-4: Reno Albers/Foto 5: Bea Pasch